DANIEL JOHANNSEN

Tenor

Was Sie über mich wissen sollten...

What you should know about me...


einen Beruf empfinde ich als Berufung; sogar dann, wenn ich, was eher die Ausnahme ist, einmal keinen Bach-Evangelisten, sondern einen frivolen 20er-Jahre-Hit aus der Feder von Friedrich Holländer singe. Ich darf ein sehr glückliches Leben führen — das sage ich mit voller Überzeugung sogar jetzt, im Winter 2020/21, wo die COVID19-Pandemie (bzw. deren Bekämpfungsmaßnahmen) es mir und der ganzen Musikwelt sehr schwer macht. Ich darf baden in 500 Jahren Musikgeschichte, darf von der altkirchlichen a-cappella-Sequenz (etwa zu Ostern 2020 im Wiener Stephansdom) zu Henri Duparcs L’invitation au voyage springen, darf wechseln zwischen Belmonte und Belsazar, zwischen Britten und Brahms. Manchmal Ausgrabungen, manchmal Auftragswerke. Duo-Abende mit Dorothee Mields, von zartem Theorben-Continuo umrankt, sind ebenso Teil meines Lebens wie üppiges Melodram von Engelbert Humperdinck. Die ganze Welt des Oratoriums, von der Quartett-Kantate bis zu Hermann Suters Le Laudi... Konträre Interpretationsstile, sowohl Bergkirchlein als auch Tokyo International Forum, mal Barocktheater, mal Open Air.

Das Schönste sind die Freundschaften, die man in Probe und Aufführung pflegen kann, die jährlichen (mitunter sogar noch häufigeren) Rituale des Zusammenkommens, bei den Festivals, bei den Zyklen — aber auch im »Tagesgeschäft«. Und zu diesen Freundschaften zählen auch ganz viele Menschen, die mir in den Kirchen, Konzertsälen und Theatern gegenübersitzen: Menschen, die so spontan in mein Leben treten wie ein Orchester, bei dem ich erstmals zu Gast bin; Menschen, die meinen Werdegang seit Anbeginn liebevoll begleiten.

Warum ich das alles so breittrete, so euphorisch und glücklich postuliere? Nun, es gab Zeiten (ein halbes Jahrzehnt ist es erst her), da konnte ich all das überhaupt nicht (mehr) so empfinden, so schätzen — da war ich, um es mit Wilhelm Müller zu sagen, »zu Ende mit allen Träumen«. Aus dem Munde eines nun sehr erfolgreichen Musikers mag es ein wenig übertrieben klingen, aber ich weiß auch, wie sich existenzielle Verzweiflung anfühlt — und zwar inmitten eines Lebens, das von äußerem Unglück eigentlich gar nicht getroffen ist. Unter den vielen, die mir damals »aus dem schwarzen Loch« geholfen haben, möchte ich Alois Aichhorn — einst legendärer Operetten-Tenor an der Wiener Volksoper — besonders hervorheben und ihn meiner lebenslangen Dankbarkeit versichern. Doch das alles ist eine ganz andere Geschichte... Genug mit diesem emotionalen Prolog!

Nun ein paar sachliche Details: Ich bin studierter Kirchenmusiker und wurde an der Wiener Musikuniversität, die ich 2005 abschloß, von Margit Klaushofer und Robert Holl zum Sänger ausgebildet. Sehr viel verdanke ich intensiven persönlichen Begegnungen mit Dietrich Fischer-Dieskau, Nicolai Gedda und Christa Ludwig. Ich bin Preisträger bedeutender Wettbewerbe (Bach/Leipzig 2002, Schumann/Zwickau 2004, Mozart/Salzburg 2006, Wigmore Hall / London 2007). Seit meinem Konzert-Début 1998 mit Bachs Weihnachts-Oratorium trete ich als Konzert-, Lied- und Opernsänger europa- und weltweit auf, überwiegend mit meinem Stammrepertoire, dem barocken Oratorium (hier ganz besonders intensiv als Bach-Evangelist), mit klassischer und romantischer Chorsinfonik sowie Kirchenmusik. Durch die J. S. Bach-Stiftung St. Gallen (www.bachipedia.org), mit deren künstlerischem Leiter Rudolf Lutz ich sehr befreundet bin, und die Nederlandse Bachvereniging (www.allofbach.com), gelegentlich mit Hans-Christoph Rademann und der Stuttgarter Bachakademie, bin ich mit ein prägender Teil der gegenwärtigen Bach-Rezeption geworden, daneben liebe ich meine Konzerte mit den erstklassigen Sinfonieorchestern von heute (u. a. RSO Wien, Gewandhausorchester Leipzig, Sächsische Staatskapelle Dresden), meine regelmäßigen Auftritte bei Festivals wie der styriarte Graz — und meine Tätigkeit auf der Opernbühne, vorwiegend als Händel-, Mozart- und Britten-Darsteller (etwa Volksoper Wien, Oper Leipzig, Staatstheater am Gärtnerplatz München und Oper Bonn). Die Zusammenarbeit mit legendären Dirigenten wie Sir Neville Marriner, Georges Prêtre und Nikolaus Harnoncourt hat mich geprägt; mit vielen großen Dirigenten der Gegenwart (Reinhard Goebel, Jordi Savall, Thomas Hengelbrock, Andrew Parrott, Bertrand de Billy und Michael Hofstetter) verbindet mich eine teilweise enge Freundschaft. Das trifft übrigens auch auf renommierte Duopartner am Klavier zu: mit Graham Johnson, Charles Spencer, Burkhard Kehring, Helmut Deutsch und Christoph Hammer durfte und darf ich meiner ganz großen Leidenschaft, dem Liedgesang, nachkommen; derzeit besonders intensiv mit dem fabelhaften Andreas Fröschl.

Das Unterrichten bereitet mir enorme Freude; zwar kann ich es — leider — noch nicht an einer Hochschule/Universität oder einem Konservatorium ausüben, aber meine Privatschüler (hauptsächlich Tenöre) lassen es mich von Stunde zu Stunde mehr begreifen, was für ein heiliges Amt ein Lehrer bekleidet, was für eine enorme Verantwortung er trägt: den kostbarsten Werkstoff der Welt, nämlich einen jungen Menschen, musikalisch wie auch charakterlich zu fördern, zu stärken und zu veredeln. Und in jeder Unterrichtseinheit führe ich auch mein eigenes Singen zu stets höherer Bewußtheit. Das habe ich meinen Schülern zu danken!

Mittlerweile kenne ich auch den bitteren Abschied von musikalischen Weggefährten, mit denen eine ganz tiefe Seelenverwandtschaft bestand — der größte Verlust ist wohl jener meines »Herzensdirigenten« Enoch zu Guttenberg: völlig unerwartet wurde er abberufen, mitten aus dem prallen Leben, heraus aus wunderbaren Plänen und Perspektiven. Er war es, der mir die Carnegie Hall und den Moskauer Tschaikowski-Saal öffnete. Auch nach Jahren habe ich seinen Tod noch nicht verkraftet.


see my job as a calling; even when, which is more of an exception, I am not singing a Bach evangelist, but a frivolous 20s hit penned by Friedrich Holländer. I can lead a very happy life — I say that with full conviction even now, in the winter of 2020/21, when the COVID19 pandemic and its control measures are making it very difficult for me and the entire music world. I am allowed to bathe in 500 years of music history, I am allowed to jump from the early church a-cappella sequence (for example at Easter 2020 in St Stephen’s Cathedral in Vienna) to Henri Duparc's L’invitation au voyage, I can switch between Belmonte and Belshazzar, between Britten and Brahms. Sometimes rediscovery, sometimes commission. Duo evenings with Dorothee Mields, entwined with a delicate theorbo continuo, are just as much a part of my life as it is lush melodrama by Engelbert Humperdinck. The whole world of the oratorio, from the quartet cantata to Hermann Suter’s Le Laudi ... Contrasting styles of interpretation, both mountain chapel and Tokyo International Forum, sometimes baroque theater, sometimes open air.

Best things are the friendships that can be cultivated in rehearsals and performances, the annual rituals of getting together, at the festivals, at the cycles — but also in “day-to-day business.” And these friendships also include a lot of people who sit across from me in churches, concert halls and theaters: people who come into my life as spontaneously as the orchestra that I’m a guest of for the first time; People who have lovingly accompanied my career since the beginning.

Why do I emphasize it that way? Why do I postulate it all so euphorically and happily? Well, there were times (it was only half a decade ago) when I could no longer feel it thus; when I couldn’t appreciate it any more —  I was, to put it with Wilhelm Müller, “at the end of all dreams.” It may sound rather exaggerated from the mouth of a now very successful musician, but I also know what existential despair feels like — in the middle of a life that is actually not affected by external misfortune. Among the many who helped me “out of the black hole” at the time, I would like to highlight Alois Aichhorn – once a legendary operetta tenor at the Vienna Volksoper – and assure him of my lifelong gratitude. But that’s all another story... Enough with this emotional prologue!

Now a few factual details: I am a studied church musician and was trained by Margit Klaushofer and Robert Holl at the Vienna Music University, which I graduated in 2005. I owe a lot to intensive personal encounters with Dietrich Fischer-Dieskau, Nicolai Gedda and Christa Ludwig. I am a laureate of important competitions (Bach/Leipzig 2002, Schumann/Zwickau 2004, Mozart/Salzburg 2006, Wigmore Hall / London 2007). Since my concert debut in 1998 with Bach’s Christmas Oratorio, I have performed as a concert, lied and opera singer throughout Europe and around the world, mainly with my regular repertoire, the baroque oratorio (here particularly intensely as a Bach evangelist), with classical and romantic Choral symphony and church music. Through the JS Bach Foundation St. Gallen (www.bachipedia.org), whose artistic director Rudolf Lutz is a close friend of mine, and through the Nederlandse Bachvereniging (www.allofbach.com), occasionally with Hans-Christoph Rademann and the Stuttgart Bach Academy, I have become a formative part of the current Bach reception; besides I enjoy concerts with the first-class symphony orchestras of today (including RSO Vienna, Gewandhausorchester Leipzig, Sächsische Staatskapelle Dresden), regular appearances at festivals such as the styriarte Graz — and I experience a lot of artistic enrichment on the opera stage, performing mainly Handel, Mozart and Britten (e.g. at Volksoper Vienna, Oper Leipzig, Staatstheater am Gärtnerplatz Munich and Oper Bonn). The collaboration with legendary conductors such as Sir Neville Marriner, Georges Prêtre and Nikolaus Harnoncourt has shaped me; I am (sometimes even closely) befriended with many of the great contemporary conductors (Reinhard Goebel, Jordi Savall, Thomas Hengelbrock, Andrew Parrott, Bertrand de Billy and Michael Hofstetter). Incidentally, this also applies to renowned duo partners on the piano: with Graham Johnson, Charles Spencer, Burkhard Kehring, Helmut Deutsch and Christoph Hammer, I was (and am) allowed to pursue my great passion, song singing; currently especially intense with the fabulous Andreas Fröschl.

I particularly enjoy teaching; although I can — unfortunately — not yet practice it at a college/university or a conservatory, yet my private students (mainly tenors) let me understand more and more what a sacred office a teacher holds, what an enormous responsibility he bears: to promote, strengthen and refine the most precious material in the world, namely a young person, in terms of musicanship and character. And in every lesson I also lead my own singing to ever higher awareness. I have to thank my students for that!

Meanwhile I also know the bitter farewell to musical companions with whom there was a very deep kinship — the greatest loss is probably that of my “conductor-of-heart” Enoch zu Guttenberg: he passed away so  unexpectedly, being in the middle of a lush, fulfilling life, out of wonderful plans and perspectives. It was he who brought me to Carnegie Hall and to Moscow Tchaikovsky Hall. Even years later, I still haven’t come to terms with his death.


Der folgende Text (er ist noch persönlicher als der obige) stammt größtenteils aus dem Jahre 2003 und befand sich auf meiner alten Homepage; ich habe ihn bis 2010 noch ein wenig aktualisiert bzw. ergänzt — und muß sehr schmunzeln, wenn ich jetzt lese, wie ich mich und meinen Werdegang damals wahrnahm...


Kindheit und Familie

Ich wurde am 22. Juli 1978 in Wien geboren (was sich für die Biografie eines Musikers natürlich recht gut macht...), wuchs aber im Burgenland auf — in Markt Allhau, einem Dorf, das idyllisch inmitten der sanften Hügel Südost-Österreichs liegt und das ich nach wie vor sehr liebe.

Mein Vater Wolfgang Johannsen war in meinem Heimatort von 1967 bis 1999 evangelischer Pfarrer, meine Mutter Ilse unterrichtete Religion: das heißt, ich verbrachte meine Kindheit in einem Pfarrhaus, was meine Geschwister Elisabeth (geboren 1964), Birgit (geboren 1965), Michael (geboren 1987) und mich in jeder Hinsicht geprägt hat; nicht zuletzt durch unsere christliche Erziehung, für die ich sehr dankbar bin. Das soziale Engagement unserer Eltern (wodurch wir sie allerdings auch nicht »nur für uns« hatten) prägte den Alltag, der meistens recht spontan und abwechslungsreich verlief; gerade die Wochenenden und Feiertage (mithin also die üblichen Ruhe- und Familienzeiten) bedeuteten für die Johannsens regelmäßig »Hochbetrieb«. Und noch eine recht unangenehme »Begleiterscheinung«: als Pfarrerskind steht man meistens in der »Auslage« und muß wohl oder übel als »lebende Visitenkarte« des Elternhauses herhalten...

Als wäre diese Kindheit nicht schon ungewöhnlich genug, besuchte ich außerdem in Oberwart den ersten integrativen Schulversuch Österreichs; meine vier Volksschuljahre verbrachte ich gemeinsam mit behinderten und nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen in einem für die mittleren 1980er Jahre (und das Burgenland, nota bene!) erstaunlich liberalen und humanen Umfeld. Unsere beiden Lehrerinnen (eine davon Sonder- und Heilpädagogin) wagten sich mit jener Rasselbande, die wir zweifellos waren, sowohl im schulischen als auch (mit-)menschlichen Bereich in völlig neue und unerprobte Gefilde vor: dem oftmals erbitterten Widerstand der Umgebung zum Trotz mit viel Erfolg! Ein eigens für uns geschriebenes (und vom ORF auch verfilmtes) Theaterstück mit dem Titel Die Zeitmaschine, aus der Feder von Peter Wagner, bildete den Abschluß eines Experiments, das seit damals buchstäblich »Schule« gemacht hat — und dem ich rückblickend sehr viel verdanke: Toleranz, Geduld, Konfliktbewältigung, selbstverständlichen Umgang mit Andersartigkeit, aber auch mit der eigenen Kreativität, die ja in meinem Beruf nicht unwesentlich ist!


Musikalische Ausbildung

Meine musikalische Ausbildung begann mit sieben Jahren, als ich Klavierschüler von Prof. Karl Messner an der Oberwarter Musikschule wurde. Nach jenem ersten Kontakt mit den Tasten war der Weg zur Orgel, die überhaupt meinen primären Eindruck von Musik darstellte, nicht mehr weit; und der brachte mich zu Martin Hopfmüller (damals Ordinarius für evangelische Kirchenmusik an der Grazer Musikhochschule), meinem ersten großen Mentor, der mich 13-jährigen Grünschnabel kurz entschlossen an der Expositur Oberschützen unterrichtete: Samuel Scheidt, Dietrich Buxtehude, Helmut Bornefeld und mein geliebter J. S. Bach sozusagen als »Kontrastprogramm« zum Disco-Sound meiner Schulkameraden, daß mir der Mund nur so offen blieb... Martin Hopfmüller war es, der mich auf meinen musikalischen Weg schickte.

Oberschützen prägte, nach der vierjährigen Hauptschulzeit in Markt Allhau, ab 1992 auch meine Oberstufenjahre, die ich am Evangelischen Musikgymnasium, einer wirklich sehr feinen Ausbildungsstätte, zubrachte. Unser Schulchorleiter Erik Barnstedt erzog sich mit meinem und den umliegenden Jahrgängen ein preisgekröntes Vokalensemble, das vielfältig in Erscheinung trat und uns Schülerinnen und Schülern unvergeßliche Erlebnisse bescherte: meine Gymnasialzeit ist geprägt von Konzertreisen nach Deutschland, Rumänien und Schweden; neben Chorwerken des 16. bis 20. Jahrhunderts erklangen etwa auch Mendelssohns Oratorien Paulus und Elias — Literatur, die ich als Solist gerade deshalb so gerne singe, weil sie mich schon dermaßen lange begleitet.


Studium

Mein in Oberschützen begonnenes Kirchenmusikstudium setzte ich an der Wiener Musikuniversität fort (Orgel bei dem leider allzu früh verstorbenen und unersetzlichen Alfred Mitterhofer, Chor- und Ensembleleitung bei Johannes Prinz und Johannes Hiemetsberger, Komposition bei Wolfgang Sauseng) und legte die 1. Diplomprüfung (die sogenannte »B-Kirchenmusikerprüfung«) im Juni 1999 mit ausgezeichnetem Erfolg ab.

Aufbauend auf meinen Oberstufenchor-Erfahrungen wurde ich 1998 Mitglied (und in Folge auch Solist) sowohl des Arnold Schoenberg Chores als auch des Concentus Vocalis Wien. Hier konnte ich nicht nur an phantastischen Projekten teilnehmen: die künstlerischen Leiter der beiden Chöre kamen mir, der ich ja erst am Anfang meiner Karriere stand, mit einigem Vertrauen entgegen und boten mir die Möglichkeit erster größerer Soloauftritte: Erwin Ortner gab mir den Part des Lukas in den Jahreszeiten sowie den des Uriel in der Schöpfung (beide Male beim Musikfestival im steirischen St. Gallen), Herbert Böck engagierte mich als Evangelist in Hugo Distlers Choralpassion für Konzerte in Salzburg und Vorarlberg.

Die wichtigste Begegnung in Wien war und ist aber jene mit meiner geliebten und verehrten Lehrerin Margit Klaushofer, die aus dem »Kirchenmusikstudenten mit der hübschen Tenorstimme« einen Sänger heranbildete, wobei ihr anfangs auch noch meine Skepsis an jenem Unterfangen zu schaffen machte! Im Juni 2005 schloß ich meine Studien – Lied und Oratorium bei Robert Holl, Opernschule bei Ivan Pařík und Reto Nickler – mit Auszeichnung und einem MMag. art. ab.

Der Ortswechsel in die Bundeshauptstadt hat mich aber nicht nur bezüglich meiner Lehrerinnen und Lehrer enorm bereichert: ich habe – durchs Musikstudium und durch die vielen Chöre und sonstigen Formationen – Freunde und Weggefährten gefunden, die aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken sind, die mich begleiten, beraten und mir hin und wieder »den Kopf zurechtrücken« (sehr wichtig!); das ist, neben all den herrlichen Werken und deren Aufführung, vielleicht die schönste Facette des Musikerdaseins (zumindest wie ich es erfahre und empfinde): dieses wunderbare Miteinander der oft unterschiedlichsten Menschen — stellvertretend für viele andere nenne ich hier meinen besten Freund (sozusagen mein »alter ego«) Ewald Donhoffer, einen phantastischen Dirigenten, Cembalisten, Vokalbegleiter etc. etc., mit dem (und mit dessen Familie!) ich in den vergangenen Jahren unzählige musikalisch-menschliche Augenblicke erleben durfte.


Konzerte

Eigentlich von Beginn meiner Sängerausbildung an konnte ich wichtige Auftrittserfahrungen sammeln. Seit meinem Evangelisten-Début mit Bachs Weihnachts-Oratorium im Dezember 1998 und meinem ersten Liederabend mit Schuberts Die schöne Müllerin im Folgemonat gab es vor allem auf dem Gebiet der Barockmusik viele Konzerte — sehr oft mit Originalklang-Formationen, mit denen ich diesbezüglich auch am liebsten zusammenarbeite: sowohl die Instrumente (deren weicher, kantabler Klang) als auch die besondere Spielpraxis machen Gestalt und Gestaltung völlig logisch und lassen ein reiches musikalisches Farbenspiel zu.

Projekte mit Le Concert des Nations, der Capella Leopoldina, dem Leipziger Barockorchester, der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Kleinen Konzert, dem L’Orfeo Barockorchester sowie dem Concentus Musicus Wien haben mich diesbezüglich geprägt — und auch recht »verwöhnt«. Besonders eng fühle ich mich dem Bach Consort Wien und dessen Leiter Rubén Dubrovsky verbunden: ein Konzert, gemeinsam mit dem spanischen Countertenor Carlos Mena, im herrlichen Palau de la música catalana in Barcelona gehört zu meinen »barocken Sternstunden«. Auftritte z. B. beim 78. Bachfest der Internationalen Bachgesellschaft in Frankfurt (Oder) sowie beim Bachfest der Stadt Leipzig 2003, bei den Tagen Alter Musik des WDR 2004 in Herne, beim Musikfest Bremen 2007 oder bei den Festspielen Herrenchiemsee 2008 führten mich nach Deutschland, wo sich überhaupt ein Großteil meines Konzertlebens abspielt (so freut es mich ganz besonders, hin und wieder in der neu errichteten, atemberaubend schönen Dresdner Frauenkirche musizieren zu dürfen); darüber hinaus trat ich 2002 beim Kammermusikfestival Stavelot (Belgien), 2004 im Rahmen des Israel Festival in Jerusalem und 2008 beim Festival dell’Emilia Romagna auf. Konzertverpflichtungen führen mich regelmäßig durch ganz Europa (etwa in die Londoner Wigmore Hall, die Kiewer Philharmonie, das Berliner Konzerthaus, in die Hamburger Musikhalle oder ins Teatro Olimpico nach Rom) sowie nach Israel und in die USA — die österreichischen Festivals styriarte, Carinthischer Sommer, Traunsee-Festwochen Gmunden, Musikwochen Millstatt, Donaufestwochen im Strudengau, Musica Sacra oder etwa die Grazer Dommusik mit ihrem »Jahrtausend-Zyklus BACH XXI« laden mich immer wieder zu interessanten Projekten ein, und in Wien bin ich regelmäßig in den beiden großen Konzerthäusern zu hören. 2006 débutierte ich bei den Salzburger Festspielen, 2008 trat ich im Rahmen der dortigen Pfingstfestspiele auf.

Nicht nur die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts liegt mir am Herzen: gerne vertiefe ich mich in die lyrischen Partien der Klassik und Romantik (etwa von Haydn, Schumann und Mendelssohn) und genieße ein »sängerisches Klangbad« im Symphonieorchester: so etwa bei Projekten mit den Wiener Philharmonikern, den Wiener Symphonikern, dem Israel Philharmonic Orchestra, dem Mozarteum Orchester Salzburg und dem Chamber Orchestra of Europe. — Bisher konnte ich u. a. mit Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, René Clemencic, Georges Prêtre, Sir Neville Marriner, Peter Schreier, Dennis Russell Davies, Thomas Hengelbrock, Jordi Savall, Roy Goodman und Enoch zu Guttenberg arbeiten.

Wichtig ist mir auch das Musikschaffen des 20. Jahrhunderts (Janácek, Distler, Honegger etc.) und der Gegenwart — durch die Freundschaft mit dem Wiener Komponisten Wolfgang Sauseng wurde mir die ehrenvolle Aufgabe zuteil, in seiner im April 2003 uraufgeführten Passio Iesu secundum Ioannem den Evangelisten – mir quasi »auf den Leib geschrieben« – zu singen; die drei Konzerte mit dem Chorus sine nomine unter Johannes Hiemetsberger (Auftraggeber des Werkes) waren unglaublich packend und sind in Form einer ORF-CD dokumentiert. — Der mir zugeeignete Part des Hirtenjungen in der Oper Die Sennenpuppe, deren Uraufführung  weithin große Beachtung fand, verbindet mich einmal mehr mit dem oberösterreichischen (und am Salzburger Mozarteum lehrenden) Komponisten Ernst Ludwig Leitner, den ich sehr schätze und zu meinen besten Freunden zähle.


Lied

Was ich an sprachlich-gestalterischen Möglichkeiten bei meinen Evangelistenparts so liebe, kann ich im Kunstlied natürlich gleichermaßen erleben: Franz Schubert ist hier meine Mitte und wird flankiert von Robert Schumann und Hugo Wolf; daneben wähle ich für meine Programme auch hierzulande eher weniger bekannte Kompositionen, etwa aus der anglo-amerikanischen Welt (Britten, Barber, Copland) — für die französische Romantik (v. a. für die Lieder Faurés und Duparcs) kann ich mich ebenfalls sehr stark begeistern.

Jemand, der wie kaum ein zweiter im und für das Lied lebt, ist mein hochverehrter Lehrer Robert Holl, dessen Ausdruckskraft, Weisheit und Herzenswärme mich bei jeder Begegnung (sei es im Unterricht, der natürlich immer viel zu kurz war, oder beim Hören seiner Konzerte und Aufnahmen) aufs neue faszinieren. Was für eine Ehre, daß ich so jemandes Schüler sein durfte, ihn auch jetzt noch immer wieder um Rat fragen — und sogar im Rahmen von Ensemble-Abenden an seiner Seite musizieren kann.

Meisterkurse bei Dietrich Fischer-Dieskau (v. a. mit Hugo Wolfs Mörike-Liedern, die zweifellos zu meinen »Leib-und-Magen-Stücken« gehören), Christa Ludwig und Roger Vignoles haben mich in ähnlicher Weise reichlich beschenkt und bestärkt, dem Liedgut, von dem ich wohl mein ganzes Leben lang nicht lassen kann und will, mit allen Kräften und aller Phantasie zu dienen.

Während einiger Jahre war Elena Larina bei Konzerten, Wettbewerben und Meisterkursen »meine« Duopartnerin; die Jury der 2007 Wigmore Hall / Kohn Foundation International Song Competition hat uns beide auch mit dem Jean Meikle Prize for a Duo ausgezeichnet (“for the outstanding chamber music performance of a voice and piano partnership”). Doch »variatio delectat« und ist auch sehr nötig, weswegen ich mittlerweile die bereichernde Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Pianistinnen und Pianisten verschiedenster Länder suche: die Israelin Irit Rub, der Schweizer Simon Bucher, die Französin Mélina Burlaud, der Amerikaner Brian Hanke, der Belgier Daniel Thonnard, der Deutsche Thomas Schubert, meine Landsleute Walter Bass, Eduard Kutrowatz und Dieter Paier sind ganz wichtige Freunde und Partner geworden. Auch einige der »Großen« unter den Liedbegleitern, so etwa David Lutz, Roger Vignoles, Helmut Deutsch und Gerold Huber, haben mir ihre Zusammenarbeit angetragen — das freut und ehrt mich; genau so wie die Einladung der Buchman Mehta School of Music (der Tel Aviver Musikakademie), einen Lied-Workshop mit den dortigen Studierenden durchzuführen (im Jänner 2008).


Musiktheater

Auf der Musiktheaterbühne geht es sehr wohlüberlegt vonstatten: »Die Allegorie der Bewegungen« in Wolfgang Sausengs Kirchenoper Das Staunen des Ezechiel (UA Wien 2002; mus. Leitung: E. Ortner, Regie: Leo Krischke) war mein Début; besonders wichtige Erfahrungen sammelte ich bei den Operetten-Festspielen Bad Ischl 2003, wo ich zwar nur kleine Rollen übernommen hatte (etwa den Dr. Blind in der Fledermaus), aber dennoch mehr als 30 Vorstellungen in zwei Monaten sang — Einblick in die Routine des Theateralltags. 2004 nahm ich an Produktionen in der Wiener Kammeroper (ein Monteverdi-Projekt mit Lorenz Duftschmid und Philipp Harnoncourt) sowie im Schönbrunner Schloßtheater (Janáčeks Das schlaue Füchslein als Projekt der Opernklasse Pařík/Nickler) teil; eine besondere Herausforderung und ein großer Erfolg war eine Japan-Tournée mit Così fan tutte im September 2004. — Überhaupt sind Mozarts Tenorpartien (so etwa Don Ottavio, Belmonte, Gomatz und Tamino) wie für mich geschrieben; des weiteren arbeite ich gerne an den lyrischen Rollen von Rossini (Conte d’Almaviva), Benjamin Britten (Albert Herring) oder Igor Stravinsky (Tom Rakewell) und sehe darin auch meine nächste Zukunft auf der Bühne. Mein Operndiplom machte ich übrigens als Lurcanio in G. Fr. Händels Ariodante im April 2005 (mus. Leitung: Ewald Donhoffer, Regie: Christiane Lutz)

Meine bisher umfangreichste Tätigkeit auf der Opernbühne übte ich in der Saison 2005/06 als Ensemblemitglied des Luzerner Theaters aus; dieses Jahr hat mich vielfältig bereichert — sei es nun durch die szenische Arbeit mit wunderbaren Regisseuren wie Claes Fellbom (Il barbiere di Siviglia), Adi Hirschal (Eine Nacht in Venedig), Tatjana Gürbaca (Zaide) oder David Hermann (Jewgenij Onjegin), durch die musikalische Arbeit mit den Dirigenten John Axelrod und Rick Stengårds sowie der Studienleiterin Ariadna Zagrean oder durch meine ausgezeichneten und obendrein auch noch herzlichen Ensemblekollegen! Die paar Dutzend Vorstellungen als Fiorello, Conte d’Almaviva, Caramello, Gomatz und Monsieur Triquet (nicht zu vergessen ist unsere Uraufführung bei der Münchener Biennale!) sind auch in der Rückschau noch etwas ganz Besonderes.

In der Spielzeit 2008/09 débutierte ich sehr erfolgreich an der Volksoper Wien als tragikomischer Schwerenöter Egon von Wildenhagen in Eduard Künnekes Operette Der Vetter aus Dingsda, des weiteren trat ich unter der musikalischen Leitung von Michael Hofstetter bei den Ludwigsburger Schloßfestspielen in Mozarts Die Entführung aus dem Serail auf — übrigens als Pedrillo, der mir nämlich (rollencharakterlich wie musikalisch) auch sehr gut liegt...

Das Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz engagierte mich 2010/11 (und 2011/12) als Tamino in Mozarts Zauberflöte; und zurück zu meinen »Musiktheater-Wurzeln« – nämlich zur zeitgenössischen Kirchenoper – kehrte ich im Rahmen des Carinthischen Sommers 2010: für die Uraufführung Die Geburt des Täufers aus der Feder des Finnen Jyrki Linjama, wo ich in die Rolle des Erzengels Gabriel schlüpfen konnte.


Aufnahmen — Wettbewerbe

Durch Radio- und Fernsehmitschnitte (z. B. bei den Eröffnungsfeierlichkeiten der Wiener Festwochen 2001) etlicher Aufführungen sowie durch Vorstellungen etwa im Rahmen der Ö1-Sendung »Intrada« bin ich auch immer wieder im Rundfunk zu hören. Desgleichen wirkte ich bereits an etlichen CD-Produktionen mit (näheres im Menüpunkt »Diskografie«).

Die Teilnahme an Musikwettbewerben habe ich immer als etwas enorm Spannendes und Gewinnbringendes angesehen: durch die sorgfältige Vorbereitung (die man dermaßen intensiv oft nur vor Diplomprüfungen betreibt) werden die Stücke wirklich ganz und gar einverleibt und bleiben als musikalischer Schatz erhalten — egal, wie positiv oder negativ eine Jury darüber befindet.

Ganz besonders freut es mich natürlich, daß die Juroren sowohl beim XIII. Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb (Leipzig 2002), beim 3. Internationalen Hilde-Zadek-Gesangswettbewerb (Wien 2003) als auch beim XIV. Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb (Zwickau 2004) meine stimmlichen und interpretatorischen Leistungen eines 2. Preises würdig erachteten. Darüber hinaus verlieh mir die Münchner Konzertgesellschaft im Rahmen ihres 17. Großen Förderpreiswettbewerbes, der 2004 unter dem Motto »das deutsche romantische Lied« stand, den August-Everding-Preis. Als Preisträger des Wettbewerbs der Kammeroper Schloß Rheinsberg 2004 trat ich im selben Jahr bei einigen Operngalas in Rheinsberg auf. 2005 war ich Finalist des Richard Tauber Prize for Singers in der Londoner Wigmore Hall. 2006 errang ich beim 9. Internationalen Mozart-Wettbewerb in Salzburg den Sonderpreis für die beste Liedinterpretation. — Lauter Ansporne zu noch viel intensiverer Beschäftigung!


Kirchenmusik

Kirchenmusik ist aus meinem musikalischen Alltag nicht wegzudenken und auch eine Kraftquelle, die ich immer wieder »anzapfe«; zum einen als Solist durch die regelmäßige Mitgestaltung der Hochämter in der Wiener Jesuitenkirche, im Stephansdom sowie in den Domen von Graz, St. Pölten, Klagenfurt und Eisenstadt (um nur einige Orte zu nennen); zum anderen (quasi an den »nicht-sängerischen« Sonntagen) als Organist, hauptsächlich in der Pauluskirche in Wien-Landstraße sowie in der evangelisch-lutherischen Kirche Oberwart, in meiner südburgenländischen Heimat.

Als Referent für Singen mit Kindern im liturgischen Rahmen wurde ich mehrfach zu entsprechenden Tagungen in Österreich und Deutschland eingeladen.

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